Mobile Brandbekämpfung: Schlüsselfaktoren für den erfolgreichen Schaummitteleinsatz

Die wirksame Bekämpfung von Bränden, insbesondere von Bränden brennbarer Flüssigkeiten, stellt die Feuerwehren im mobilen Einsatz vor besondere Herausforderungen. Vor Ort sind die Ressourcen oft begrenzt, die Informationen über das Brandgeschehen teilweise unvollständig und zusätzlich erschwert der Zeitdruck die Entscheidungsfindung erheblich. Die richtige Auswahl und Anwendung von Schaummitteln spielt daher eine zentrale Rolle für eine erfolgreiche Brandbekämpfung. Dieser Beitrag soll einen Überblick über die wichtigsten Schlüsselfaktoren beim Einsatz von Löschschaum geben und damit als Entscheidungshilfe bei der Auswahl eines Schaummittels dienen.

Schaummittel

Die Art des eingesetzten Schaummittels ist selbstverständlich von zentraler Bedeutung. Dabei ist es wichtig bereits im Vorfeld das für die wahrscheinlichsten Einsatzszenarien ein geeignetes Schaummittel auszuwählen und in der benötigten Menge bereitzustellen.

Art und Qualität des Schaummittels

Grundlegende Vorgaben für die Arten und Qualitäten von Löschschaum finden sich in der Norm  DIN EN 1568:2018. Im mobilen Einsatz wird bei Flüssigkeitsbränden vorwiegend Schwerschaum zum Einsatz kommen. Die Prüfkriterien für die Qualität von Schaummitteln für die Anwendung auf unpolaren (nicht mit Wasser mischbaren) brennbaren Flüssigkeiten, z.B. Heptan, sind in der DIN EN 1568-3:2018 festgelegt. Für Schaummittel welche für Brände von polaren (mit Wasser mischbaren) brennbaren Flüssigkeiten, z.B. Alkohole oder Ketone, geeignet sind, sogenannte alkoholresistente AR-Schaummittel, finden sich die entsprechenden Regelungen in der DIN EN 1568-4:2018. Vor allem die Vorgaben für die standardisierte Überprüfung der Löschleistungsklasse und der Rückbrandbeständigkeit des jeweiligen Schaummittels sind detailliert festgeschrieben.

Von großer Bedeutung ist auch die Art des Schaumes der erzeugt werden soll. Die Arten an Löschschaum unterscheiden sich in der sogenannten Verschäumungszahl. Nach der DIN EN 1568-1:2018 wird die Verschäumungszahl definiert als das Verhältnis des Schaumvolumens zum Volumen der Schaummittellösung, aus der der Schaum erzeugt wurde.“ Dabei wird unterschieden zwischen Schwerschaum (Verschäumungszahl < 20), Mittelschaum (Verschäumungszahl ≥ 20 bis < 200) und Leichtschaum Verschäumungszahl ≥ 200).

Ein in der Praxis zusätzlich wichtiger Aspekt ist der Temperaturbereich in welchem das Schaummittel einsetzbar ist. So haben Schaummittle welche sich bis deutlich in den Minusbereich der Temperaturen einsetzen lassen in der Regel Alkohole als Zusatzstoffe, welche bei der Entsorgung Probleme bereiten. Andererseits können Temperaturen unter dem Gefrierpunkt auch die Viskosität der Schaummittel deutlich erhöhen, wodurch die Anforderungen an die Zumischsysteme steigen.

Löschwasserqualität

Neben der Qualität des verwendeten Schaummittels kann vor allem die Art des zur Verfügung stehenden Löschwassers erheblichen Einfluss auf die Schaumbildung und vor allem die Löschleistung des Schaums haben. Dabei ist es von großer Bedeutung, ob das verfügbare Löschwasser normales Trinkwasser, also Süßwasser ist oder ob nur Salzwasser oder Brackwasser zur Verfügung steht. Dieser Punkt ist vor bereits vor dem Kauf eines Schaummittels entsprechend zu beachten.

Eingesetzte Zumischtechnik

Ebenfalls bei der Beschaffung ist sicherzustellen, dass das Schaummittel und die vorhandenen  Zumischeinrichtungen miteinander kompatibel sind. Ein wesentlicher Faktor ist hier die Viskosität des eingesetzten Schaummittels. Sollte diese deutlich über 1000 mPas (Brookfield 60 U/min bei 20°C) liegen, wie z. B. bei Glycerin (1490 mPas), sind z.B. in der Regel Kreiselpumpen nicht mehr für die Zumischung einsetzbar, sondern Verdrängerpumpen besser geeignet. Daher hat die vorhandene technische Ausstattung Auswirkungen auf die Auswahl des Schaummittels, wenn diese weiterhin genutzt werden soll.

Erforderliche Einsatzmenge

Beim Einsatz von Schaummittel gilt im Grundsatz zunächst einmal „viel hilft viel“. Allerdings ist erstens die vor Ort direkt verfügbare Schaummittelmenge meistens limitiert. Zweitens sollten auch der Grundsatz der Ökonomie und Fragen des Umweltschutzes nicht völlig aus Acht gelassen werden. Die Frage stellt sich also welches die „richtige“ Einsatzmenge an Schaum ist. Um diese korrekt abschätzen zu können, sollten zwei wichtige Begriffe bekannt sein.

Die kritische Applikationsrate ist die Anwendungsrate des Schaummittels, unterhalb derer ein Brand nicht erfolgreich gelöscht werden kann. Wird Löschschaum mit einer geringeren Applikationsrate aufgebracht, wird der erzeugte Löschschaum sowohl durch den Brennstoff als auch durch die Hitze des Feuers so weitgehend zerstört, dass sich keine vollständige Schaumdecke ausbilden kann, um die brennende Oberfläche zuverlässig abzudecken.

Die empfohlene Minimumapplikationsrate ist die Minimumrate die für ein Schaummittel empfohlen wird, um ein Feuer zu löschen. Diese Rate nimmt an, dass der gesamte erzeugte Löschschaum tatsächlich auch die Oberfläche des brennenden Brennstoffes erreicht. Die empfohlene Minimumapplikationsrate basiert auf der kritischen Applikationsrate mit einem Sicherheitszuschlag um den Einfluss von nachteiligen Faktoren wie den folgenden ausreichend zu berücksichtigen. Solche können Schwankungen in der Qualität des Schaummittels oder in der Qualität des erzeugten Schaums sein.

Um sicher zu sein, dass der Löscherfolg in der Praxis auch erzielt werden kann, ist es erforderlich die Informationen vom Hersteller über die empfohlenen Applikationsraten für spezifische Brennstoffe einzuholen. Auch wenn dies insbesondere für polare brennbare Flüssigkeiten gilt, kann es selbst für nicht polare brennbare Flüssigkeiten es in der Praxis stark abweichende Applikationsraten geben. So lässt sich n-Heptan z.B. deutlich leichter löschen als das aus der gleichen chemischen Gruppe, den Alkanen, stammende Iso-Pentan.

Form der Aufgabe

Negative Effekte für die Ausbildung einer Schaumdecke können sich durch eine ungünstige Aufbringung auf die Oberfläche der brennenden Flüssigkeit ergeben. Anzustreben ist in jedem Fall eine möglichst sanfte Aufgabe, um die Oberfläche möglichst wenig in Bewegung zu setzen. Am besten wird das durch eine indirekt Aufgabe, z.B. über das Sprühen des Schaumstrahls gegen eine Wand des brennenden Behältnisses oder eine andere geeignete Wand. Diese Form der Applikation vermeidet, dass der Schaum unter die Flüssigkeitsoberfläche gerät oder die Flüssigkeitsoberfläche in unnötige Bewegung versetzt wird. Beides beeinträchtigt die Bildung einer Schaumdecke. Falls eine sanfte Aufbringung nicht möglich ist, wächst das Risiko, dass die Schaumdecke zu einem hohen Maße schon bei der Aufbringung zerstört wird, wodurch deutlich höhere Applikationsraten und Löschzeiten erforderlich werden können.

Geräte zur Verschäumung und Applikation

Der Feuerwehr stehen im mobilen Einsatz verschiedene Löschgeräte zur Verfügung, um Löschschaum zu produzieren. Neben Schaumlöschern für kleinere Brände, sind bei größeren Bränden die beiden folgenden Geräte in der Praxis anzutreffen:

 Schaumstrahlrohre

Handgeführte oder an Feuerwehrfahrzeugen befestigte Schaumstrahlrohre sind speziell zur Herstellung von Löschschaum konzipierte Strahlrohre. Im Schaumrohr wird das Wasser-Schaummittel-Gemisch aus dem Zumischer nach dem Injektorprinzip mit Luft versetzt und anschließend als Löschschaum ausgeworfen.

Schaumkanonen

 Bei einer Schaumkanone handelt es sich um ein fest montiertes Gerät auf Feuerwehrfahrzeugen, welches Schaum über größere Entfernungen werfen kann. Dabei wird der Schaum durch die Kombination von Wasser, Schaummittel und Druckluft erzeugt.

Die beiden oben genannten Löschgeräte unterscheiden sich vor allem in den erreichbaren Wurfweiten und den Verschäumungszahlen.

Wetterbedingungen:

Die hier besonders wichtigen Faktoren sind einerseits die Windverhältnisse und andererseits die Außentemperaturen sowie eventuell vorhandener Niederschlag.

Der Reihe nach: Wind wirkt sich definitiv negativ auf den Einsatz vorn Löschschaum aus. Ab gewissen Windgeschwindigkeiten kann sich eventuell der Einsatz von Löschschaum ganz verbieten, weil z. B. bei stark böigem Wind oder wechselnden Winden eine gezielte Applikation im Brandbereich unmöglich werden kann. Zusätzlich verhindert der Wind eventuell auch die notwendige Ausbildung einer Schaumdecke indem er den Schaum ganz oder teilweise fortträgt.

Ebenso ungünstig wirkt sich Regen aus. Da Regen, je stärker desto mehr, schaumzerstörend ist, kann es dazu kommen, dass eine Schaumdecke nur noch teilweise ausgebildet wird oder diese zu dünn für eine erfolgreiche Brandbekämpfung ist. Bis zu einem gewissen Maße kann das durch entsprechenden Mehreinsatz von Löschschaum kompensiert werden, aber bei schwerem Regen ist ein erfolgreicher Einsatz von Löschschaum kaum mehr denkbar.

Ein dritter Störfaktor können extreme Außentemperaturen sein. Einerseits führen besonders niedrige Temperaturen, z.B. bei minus 25°C, dazu, dass das Schaummittel selbst eingefriert und damit kein Einsatz mehr möglich ist. Hohe Temperaturen, z.B. oberhalb von 40°C, können nicht nur die Verdunstung des Schaums beschleunigen, was die Ausbildung einer Schaumdecke verhindern kann, sondern begünstigt auch die Thermik des Brandes, was bei größeren Bränden dafür sorgt, dass der Löschschaum vom Feuer noch oben mitgerissen wird und damit die zu löschende Oberfläche der brennenden Flüssigkeit überhaupt nicht erst erreicht oder andererseits bereits vor Erreichen der Oberfläche verbrennt.

Brennstoffe

Während die Brände von Feststoffen, sogenannte Klasse A-Brände in der Regel vergleichsweise einfach zu löschen sind, stellt die Bekämpfung von Bränden von brennbaren Flüssigkeiten deutlich höhere Anforderungen. Das beginnt damit, dass vor der Bekämpfung zumindest die wesentlichen chemischen Eigenschaften der brennbaren Flüssigkeit bekannt sein sollten. Auf dieser Basis müssen dann die Anforderungen an das erforderliche Schaummittel bestimmt werden.

Wie leicht dabei das Risikopotenzial unterschätzt werden kann, zeigt sich bei Bränden von Tankstellen. Das Problem liegt in der Zusammensetzung der heute üblichen Kraftstoffe. Ein E10-Kraftstoff welcher weitere Zusatzstoffe enthält ist eben oft kein unpolarer Brennstoff mehr, sondern den polaren Brennstoffen zuzuordnen. Das aber hat erhebliche Auswirkungen auf die Qualität des einzusetzenden Schaummittels, welches dann ein sogenanntes AR-FFF-Schaummittel, also ein alkoholbeständiges fluorfreies Schaummittel, sein muss. Daher ist eine sorgfältige Information vor Ort über die Art des Brennstoffes unerlässlich.

Brandgröße und -intensität

Auf diesen Aspekt soll hier nur insofern eingegangen werden indem darauf hingewiesen wird,  dass selbstverständlich die Dimensionen des Brandes und dessen Intensität wesentlichen Einfluss auf die benötigte Schaummittelmenge haben. So kann es erforderlich werden auf den Einsatz mit Schaummitteln vollständig zu verzichten, weil es sich entweder um einen Vollbrand mit entsprechender Thermik handelt oder weil die vor Ort verfügbare Schaummittelmenge für die Brandbekämpfung nicht ausreichend ist und Nachschub nicht rechtzeitig eintreffen kann. Das sind aber einsatztaktische Überlegungen welche nicht Gegenstand dieses Artikels sein können.

Sonstige Einflussfaktoren

Zusätzlich zu den bisher genannten Einflussfaktoren können noch je nach Einsatzfall weitere  hinzukommen. An dieser Stelle sollen folgende drei noch genannt werden. Erstens die Umgebungstopografie, welche je nach Geländestruktur und vor allem beim Vorhandensein von signifikanten Höhenunterschieden einen Einsatz sehr erschweren oder erleichtern kann. Zweitens sind die Sichtverhältnisse, insbesondere bei starker Rauchentwicklung von großer Bedeutung wenn die eigentlich zu löschende Kernzone bestimmt werden muss. In bebauten Umgebungen kann drittens die Art der baulichen Struktur eine Anpassung der Applikationsstrategie an die Gebäudestruktur erforderlich machen. Diese hier genannten Faktoren haben aber in der Regel deutlich weniger Einfluss auf das Einsatzszenario als die bereits früher genannten.

Zusammenfassung

Schon vor der Anschaffung eines Schaumlöschmittels ist es wichtig sich über wesentliche Parameter beim späteren Einsatz in der Praxis Gedanken zu machen. Das beginnt bei solchen Faktoren wie der Frage, ob das Schaummittel für polare brennbare Flüssigkeiten oder für den Einsatz mit Salzwasser geeignet sein muss, geht über die Fragen zu den Anforderungen an Zumischeinrichtungen bis hin zum zu erwartenden Temperaturbereich. Vor Ort im Einsatz sind vor allem die Wetterverhältnisse, die Größe des Brandes und der Brennstoff wichtig. Die ausreichende Berücksichtigung dieser vielfältigen Einflussfaktoren ist entscheidend für eine erfolgreiche und effiziente Anwendung von Feuerlöschschaum insbesondere bei Bränden von brennbaren Flüssigkeiten.

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